FKT-Online-Seminar: ZNA - Optimale Raumnutzung und kurze Wege

Overcrowding und Warteraumvisiten als Worstcase-Szenarien sind in deutschen Notaufnahmen an der Tagesordnung. „Es ist unfassbar, was für ein Schrott da häufig schon von den Behörden vorgegeben, mit Steuergeldern umgesetzt und schließlich als Gott gegeben hingenommen wird“, sagt Dr. Tim Flasbeck.

Dass Pflegekräfte jedoch nicht zwangsläufig bis zu 19 Kilometer pro Schicht laufen und dabei rund 100 Minuten ihrer kostbaren Arbeitszeit mit ineffizienten Telefonaten – bis zu zehn übrigens allein für ein Bett – verbringen müssen, dass drei Stunden Wartezeit für Notfallpatienten nicht unvermeidbar sind und – Ja! - dass in ZNAs auch gutes Geld verdient werden kann, demonstrierte der Chefarzt der ZNA des Carl-Thiem-Klinikums Cottbus anhand konkreter Beispiele sehr eindrucksvoll im FKT-Online-Seminar „ZNA: Optimale Raumnutzung und kurze Wege“.

Notfallgeschäft – ein Wachstumsmarkt

Seine Ausführungen untermauerten seinen Appell für mehr Kreativität und Lösungsorientierung in der ZNA: „Wenn man Notfallgeschäft richtig betreibt, wird man innerhalb kurzer Zeit belohnt.“ Denn während im elektiven Bereich kaum mehr Erlössteigerungen zu erwarten sind, verspricht das Notfallgeschäft – entsprechendes Know-how vorausgesetzt– Wachstum. Abgemeldete und ineffiziente ZNAs stellen sich diesem Wachstum entgegen. Wichtig seien daher nicht nur prozessoptimierte Abläufe in der ZNA selbst, sondern darüber hinaus ein geregelter Abfluss in die aufnehmenden Stationen. Hier kollidiere das Notfallgeschäft regelmäßig mit dem Termingeschäft. Dabei könne es mit regelmäßigen, relativ zuverlässig planbaren Kapazitäten in jeder Klinik fest mit einkalkuliert werden. Problematisch dabei sei, dass der leistungsbezogene Teil der Chefarzt- Gehälter in der Regel an eine erwartete Steigerung der elektiven Fälle geknüpft sei. Hier bedürfe es eines Paradigmenwechsels in Richtung Notfallgeschäft.

Behandlungskapazitäten sorgfältig planen

Grundlage für ein effizientes ZNA-Konzept sei eine sorgfältige Planung der Behandlungskapazitäten. Dass knapp die Hälfte aller Notfallpatienten verdichtet innerhalb von 6,5 Stunden – nämlich zwischen 9.30 Uhr und 16.00 Uhr - in der Notaufnahme eintreffen, gelte es dabei zu berücksichtigen. „Akutpatienten wollen gesehen werden und in ihrer persönlichen Notlage das Gefühl haben, dass ihnen jederzeit ein kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung steht. Wartebereiche erzeugen bei der Erfüllung dieser Bedürfnisse sehr ineffiziente und zeitaufwändige Pendelbewegungen und führen dazu, dass Prozesse immer wieder unterbrochen werden“, weiß Flasbeck. „Deshalb sollte allen Notfallpatienten von Anfang an ein Behandlungsplatz zur Verfügung stehen. Von ihrem Stützpunkt aus sollten Pflegekräfte im Idealfall alle Patienten, für die sie „zuständig“ sind, im Auge haben. Das vermeidet unnötige Wege und Stress. Den Patienten wird damit gleichzeitig das Gefühl vermittelt, gut aufgehoben zu sein. In den von Flasbeck optimierten ZNAs, die er übrigens alle bis ins Detail selbst plant, werden diese Übersicht und Ansprechbarkeit durch bewusst offene Raumstrukturen erzeugt. Glaswände, die bei Bedarf blind geschaltet werden können, trennen die funktionalen und für alle Notfälle ausgestatteten Behandlungsplätze voneinander ab und können bei Bedarf - Stichwort Pandemie - auch zu geschlossenen Kabinen ergänzt werden. Brand- und Datenschutz seien bei diesen unkonventionellen Konzepten natürlich immer wieder ein Thema – ein durchaus lösbares. Und was den Geräuschpegel angeht, seien die offenen Raumkonzepte sogar arbeitsstiller als ZNAs mit geschlossenen Räumen, sagt Flasbeck.

Kommunikation optimieren

Das mag nicht zuletzt auf ein weitgehend non-verbales Kommunikationssystem zurückzuführen sein, das Flasbeck in all „seinen“ ZNAs umsetzt: Ärzte übermitteln ihre Aufträge an das Pflegepersonal mit Hilfe einer auf die jeweilige ZNA zugeschnittenen Software. Das Pflegepersonal meldet die Erfüllung der nachgefragten Leistungen und unter Umständen weiteren Handlungsbedarf auf demselben Weg zurück. So wird sichergestellt, dass nichts unerledigt bleit. Gleichzeitig wird jeder Behandlungsschritt sorgfältig dokumentiert. „Keiner verlässt bei dieser Vorgehensweise den Arbeitsplatz nach der Schicht mit dem unguten Gefühl, möglicherweise etwas Wichtiges vergessen zu haben, Workflows werden nicht mehr unterbrochen“, so Flasbeck, „das nimmt Druck“. Dreh- und Angelpunkt der von ihm geplanten ZNAs ist ein Notaufnahmekoordinator. Er regelt mit Hilfe der ZNA-Kommunikationssoftware den Work-Flow und verteilt die Patienten so auf die Pflegekräfte, dass alle möglichst gleich ausgelastet sind.
Mit derart prozessoptimierten Strukturen hat Flasbeck schon so mancher Notaufnahme auf die Sprünge oder vielmehr zu effizientem Handeln verholfen. In Cottbus zum Beispiel hat er die Laufwege des Pflegepersonals von durchschnittlich 14 km auf 1,6 Kilometer pro Schicht verringert. Auch bei 210 Kontakten am Tag -das entspricht der kalkulierten Fallzahl in 10 Jahren - gehört Crowding hier ein für alle Mal der Vergangenheit an.

Die richtigen Leute fragen

Bei der Beseitigung unzulänglicher Arbeitsbedingungen ist es Flasbeck enorm wichtig, diejenigen zu fragen, die unter bestehenden Missständen am meisten leiden: Ärzte und Pflegekräfte, die in den ZNA ihren Dienst am Menschen leisten, und nicht zuletzt auch die Rettungskräfte. „Letztere wollen guten Kaffee, kaltes Wasser, einen Arbeitsplatz, wo sie in Ruhe ihren Schreibekram erledigen und auch mal Durchschnaufen können, und einen Handyladeplatz“, weiß Flasbeck aufgrund von Befragungen. In Cottbus gibt es daher eine eigene Lounge für den Rettungsdienst, die genau das bietet.
Beispiele wie diese zeigen: Mit Mut zur Kreativität und unkonventionellen Lösungen wäre im deutschen Gesundheitswesen sehr viel zu machen. Die Präsentation zum Webinar finden Sie auf der FKT-Homepage www.fkt.de. Die Aufzeichnung des überaus interessanten Webinars mit vielen weiteren praxisnahen Tipps steht FKT-Mitglieder aus der Wissensdatenbank Technik im Gesundheitswesen zur Verfügung.

Maria Thalmayr

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Bilder: Flasbeck