Regionalgruppen-Veranstaltung in Hamburg: Schön kostet meist nicht mehr als 08/15

Design und Architektur mit Schwerpunkt Psychiatrie sowie Trinkwasserhygiene waren die Schwerpunkte einer inspirierenden Veranstaltung der FKT-Regionalgruppen im Norden – endlich wieder in Präsenz.

„Schön, wohngesund und stabil kostet meist nicht mehr als 08/15 und wackelig. Man muss sich nur ein wenig mehr Gedanken machen.“ Das hat FKT-Präsident Horst Träger aus den interessanten Vorträgen der von ihm organisierten Gemeinschaftsveranstaltung der Regionalgruppen Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern im Hamburger Schulungszentrum der Mega Gruppe mitgenommen.

Digitalisierung hilft beim Design

Eine in dieser Hinsicht hilfreiche Lösung präsentierte Gastgeber Guntram Fischer, Gruppenleiter Planer- und Objektmanager bei der Mega Gruppe, mit einem 3D-Tool, das es ermöglicht, Raumkonzepte – Böden, Wandfarben und andere Gestaltungselemente – für die Nutzer so zu visualisieren, wie der Raum später aussehen wird. Als Grundlage für den Blick in die schönere Zukunft dienen Fotos der sanierungsbedürftigen Realität. „Dieses Werkzeug, das bundesweit kostenlos zur Verfügung steht, erspart uns Musteranstriche und Enttäuschung, wenn´s später anders aussieht als erwartet“, sagt Träger. Bei der Ausstattung neben Ästhetik vermehrt auf Produkte zu setzen, die nicht ausdünsten oder anderweitige Gesundheitsrisiken erzeugen, hält er gerade mit Blick auf die Mitarbeitenden für sehr wichtig. Krankenhäuser müssten sich in Sachen „Wohngesundheit“ als Vorreiter begreifen. Für die Magnetwirkung als Arbeitgeber sei das zunehmend von Bedeutung.

Ansprechende kosten nicht mehr als lieblose Designs

Mit dieser Ansicht liegt Träger ganz auf der Linie des renommierten Krankenhausarchitekten Linus Hofrichter, der Krankenhäuser, vor allem Psychiatrien, zu Wohl(er)fühlorten machen möchte. Er erörterte wie Formen, Farben, Licht und die Einbeziehung der Umgebung auf Menschen wirken, und machte deutlich, dass der bewusste Einsatz dieser so essenziellen Elemente oft nicht mehr kostet als lieblose Umgebungen. Mit dem Baustoff Holz setzt Hofrichter nun ganz im Zeichen der Zeit außerdem konsequent auf Nachhaltigkeit. Wer das Thema vertiefen möchte, dem sei das neue Buch „Soul in Space – Psychiatrie trifft Architektur“ von Linus Hofrichter und anderen Autoren empfohlen.

Sicherheit durch kluges Design

Psychiatrie und Forensik erfordern bei der Ausstattung immer auch Robustheit und Sicherheit. Armaturen mit Verbrühschutz, robuste Toiletten und Waschbecken, die Selbstverletzungen oder auch das aus Film und Fernsehen bekannte Verstecken von unerlaubten Gegenständen im Spülkasten zuverlässig vermeiden, bestätigen: Kluges Design schafft vielfache Mehrwerte. Präsentiert wurden diese Lösungen von Wolfgang Schäfers, Key-Account-Manager bei der KWC Aquarotter GmbH. Für großes Interesse bei den Zuhörern sorgte außerdem ein spezielles Material aus 80 % natürlichen Mineralien und 20 % Polyesterharz, auf dem aufgrund der porenfreien Oberfläche keine Bakterien anhaften und das in jede beliebige Form gegossen werden kann. Anwendung findet der neue Baustoff für Waschtische und Nasszellen. Und damit schlug Schäfers die Brücke zum zweiten Tagungsschwerpunkt Trinkwasserhygiene:

Water Safety Plan – eine Designlücke

Digitalisierung und Automatisierung machen es möglich, alle Wasserauslassstellen zentral zu steuern, automatische Spülvorgänge zu veranlassen und mögliche Defekte oder Störungen zu detektieren. Ohne ein solches modernes Wassermanagement seien regelkonforme Trinkwassersysteme nicht möglich, sagt Schäfers.

Bei diesem Thema klafft jedoch eine enorme Lücke zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Einen seit zehn Jahren vorgeschriebenen Water Safety Plan haben viele Kliniken noch nicht umgesetzt. Gerade in älteren Bestandsgebäuden, wo häufig umgebaut und die Änderungen nicht dokumentiert wurden, sie es praktisch unmöglich, alle Installationen zu erfassen und auf dieser Grundlage regelkonform zu betreiben, räumt Träger ein. Worauf es bei diesem regelkonformen Betrieb besonders ankommt und wo die Schwachstellen der Regeln liegen, erörterte Reinhard Bartz. Schwerpunkte seiner Ausführungen waren der Konflikt zwischen Trinkwasserhygiene und Energie und Ressourceneinsparung, die Ursachenanalyse nach Feststellung einer Kontamination sowie die Grenzen der damit einhergehenden Gefährdungsbeurteilung. Der Biofilm als Ort und Quelle der Kontamination, die Möglichkeiten und Grenzen der Dekontamination und der Water-Safety-Plan lagen ebenfalls im Fokus seiner Ausführungen.

Besonders genossen haben die Teilnehmer neben den interessanten Ausführungen der Referenten den Austausch und die Fachsimpeleien am Rande der Veranstaltung. Die sind halt nur auf Präsenzveranstaltungen möglich, schließt Träger. Positiv bemerkt wurde außerdem: „Endlich ging es mal nicht um Energie, wir haben doch noch so viele andere Themen.“

Die Präsentationen von Linus Hofrichter und Reinhard Bartz finden Sie hier

Maria Thalmayr