Neue-Wege-Tage in München: Inspiration und Austausch
FKT-Präsident Horst Träger (rechts) und Christopher Korn, Leiter der FKT-Regionalgruppe Bayern, begrüßten die Teilnehmer.
Mut machen, vielversprechende neue Technologien aufspüren, Inspiration durch hochkarätige Referenten, vertrauensvoller Austausch, … die Neue-Wege-Tage der Fachvereinigung Krankenhaustechnick e.V. (FKT) machten – vielfach ganz konkret, bisweilen visionär - erlebbar, wie und wohin sich Technik im Gesundheitswesen entwickelt. Die vorerst letzte Veranstaltung dieser Reihe im St. Vinzenz-Saal im LMU-Klinikum in München setzte einen eindrucksvollen Schlusspunkt:
Mit vor Begeisterung und Esprit sprühenden Ausführungen zu den aktuellen Veränderungsprozessen im Gesundheitsbau verbreitete der renommierte Krankenhausarchitekt und geschäftsführende Gesellschafter der a|sh sander.hofrichter architekten GmbH Prof. Linus Hofrichter Zuversicht. Er ist überzeugt, dass es im Gesundheitsbau vor allem mit innovativen Forschungsansätzen und partnerschaftlichen Planungsprozessen vorangeht.
Forschung für neue Standards im Krankenhausbau
Bei der Konzeption des Neubaus des Fördeklinikums Katharinen-Hospital untersucht Hofrichter im großen Kontext die Anwendung erweiterter Qualitätskriterien im Entwurf. Das Projekt ist Teil des Forschungsprogramms „Beyond Expediency – Sustainable and Empowering Health Care Design“, gefördert vom schleswig-holsteinischen Ministerium für Justiz und Gesundheit und durchgeführt von der TH Lübeck. Ziel ist ein Planungs- und Qualitätskompass für eine zukunftsfähige und patientenorientierte Krankenhausinfrastruktur.
Erfolg durch Kooperation
Integrierte Projektabwicklung (IPA) gilt als weiterer Schlüssel zum Erfolg von anspruchsvollen Bauprojekten. Mit dem Neubau des Fördeklinikums Katharinen-Hospital in Flensburg entsteht das erste Krankenhausprojekt in Deutschland, das vollständig nach dem IPA-Modell geplant und realisiert wird. Hofrichter ist hier Teil eines sehr breit aufgestellten Teams, das sich zu einem wertschätzenden Miteinander bei der Planung des neuen Klinikums verpflichtet hat. Das Prinzip hinter IPA: Bauherr, Planende und Ausführende arbeiten von Beginn an partnerschaftlich zusammen. So fließen unterschiedliche Perspektiven frühzeitig in die Planung ein und ermöglichen eine ganzheitliche Betrachtung mit dem gemeinsamen Ziel, das bestmögliche Ergebnis zu erreichen. Hofrichter hofft, mit dieser Vorgehensweise künftig auch schneller zum Ziel zu gelangen. Aktuell vergehe in Deutschland zu viel Zeit vom Entschluss für ein Bauprojekt bis zur Umsetzung. Planungsvorgaben seien bei Baubeginn dadurch oft schon veraltet. Eine der wichtigsten Vorgaben für Gesundheitsimmobilien sei daher Flexibilität.
Flexibel bleiben
Voraussetzung für eine schnelle Umnutzung von Gebäuden seien durchgängige Raster. Um schneller und günstiger bauen zu können, sieht Hofrichter die Zukunft außerdem im modularen Bauen mit einer möglichst weitgehenden Vorfertigung. Im Sinne des Klimawandels setzt sein Büro mit den Vorgaben Modularität und Flexibilität zunehmend auf den Baustoff Holz, der anders als Beton kein CO2 freisetzt, sondern im Gegenteil pro Kubikmeter sogar eine Tonne des klimaschädlichen Gases bindet. Holz sei für die Gestaltung von Fassaden - aber bei Weitem nicht nur - ein optisch ansprechendes, widerstandsfähiges und instandhaltungsfreies Material. In Hybridbauweise mit Beton oder auch ganz aus Holz - Hofrichter setzt beim Bau von Gesundheitsimmobilien bereits auf den nachwachsenden Rohstoff und leistet damit Pionierarbeit in Deutschland.
Kaltwasser kühlen
Hygienisch anspruchsvoll ist in weitverzweigten, oft in die Jahre gekommenen Trinkwasseranlagen längst nicht mehr nur das Warmwasser. Kaltwasser kommt heute wärmer an den Hausanschlüssen an und erwärmt sich auf seinem Weg durchs Gebäude oft weit über die vorgeschriebenen 25 Grad hinaus. Hausanschlüsse in aufgeheizten Technikräumen, Kalt- und Warmwasser in denselben Schächten, untaugliche Armaturen, … - Wärmequellen, die das kalte Wasser aufheizen, gibt es viele. Dazu kommt das Problem der Stagnation. Durch die kurzen Verweilzeiten wird im Krankenhaus immer weniger geduscht. Spülen sei auf Dauer eine sehr teure und zudem verschwenderische Antwort auf diese Probleme, erklärte Olaf Heinecke, Geschäftsführer des LTZ - Zentrums für Luft und Trinkwasserhygiene GmbH in Berlin. Er rät, bei Neubauvorhaben Kaltwasserleitungen in gesonderten Schächten zu verlegen. In Bestandgebäuden sei eine gekühlte Zirkulation auf Dauer wirtschaftlicher als permanentes Spülen.
KI kommt, aber langsamer als gedacht
Auch im Gesundheitswesen gibt es bereits Einsatzfelder, in denen KI dem Menschen überlegen ist. Bei der Auswertung von Bildern in der Radiologie beispielsweise. Insgesamt schreite der von manchen als Utopie herbeigesehnte von anderen als Dystopie verteufelte Siegeszug künstlicher Intelligenz jedoch langsamer voran, als vielfach prognostiziert. KI für den Einsatz im Gesundheitswesen zu trainieren, erweist sich als aufwendiger als zunächst gedacht. Oft stehen wir uns dabei in Deutschland mit unseren hohen Ansprüchen an den Datenschutz im Weg. Um eine nicht aufzuhaltende technische Revolution nicht zu verschlafen, bedürfe es eines neuen Mindsets zur Datenverfügbarkeit und -harmonisierung, erklärte Frank Rothe. Der Leiter Medizintechnik am Universitätsklinikum Heidelberg und Präsident des Fachverbandes Medizinische Technik e.V. (fbmt) hatte dennoch vielversprechende, Mut machende und beeindruckende Beispiele mit im Gepäck, wie KI unser Leben verändern, im Idealfall bereichern wird: Querschnittsgelähmte mit noch erhaltener Rumpfstabilität, aber eingeschränkter Beinfunktion, die wieder gehen können, Anlagen, die automatisiert erste Befunde erheben, um Patienten an den richtigen Arzt zu verweisen, Sensorik, die als Frühwarnsystem Leben rettet – es bleibt spannend.
Der Wahnsinn des Alltags
All diesen Herausforderungen gelassen und im Idealfall mit einer Prise Humor zu begegnen, aus Schwächen, Defiziten oder Eigenheiten vielleicht sogar Stärke zu machen - Dr. Manfred Lütz hatte zahlreiche Strategien für den Umgang mit dem Wahnsinn des Alltags parat. Der Psychiater, Psychotherapeut, Theologe und erfolgreicher Schriftsteller inspirierte mit einer komödiantischen Sicht auf die Materie und ließ hoffen, dass man damit die sprichwörtlichen Berge versetzen kann.
Voneinander lernen
Bei einer anschließenden Führung durch das 2021 eröffnete Innenstandklinikum des LMU Klinikums München, erläuterten, Alexander Jobst, Leiter der Abteilung Bau|Technik|Liegenschaften am LMU Klinikum, und Christopher Korn, Leiter der FKT-Regionalgruppe Bayern das Gebäude und seine Funktionalitäten.
Auf einer Nutzfläche von rund 12.400 m² vereint der Neubau mehrere medizinische Fachbereiche wie Innere Medizin, Chirurgie, Notfallmedizin und Geburtsmedizin, bei insgesamt 200 Betten. Die Einrichtung verfügt über eine hochmoderne Notaufnahme, spezialisierte Ambulanzen, stationäre und tagesklinische Bereiche sowie ein umfassend ausgestattetes Geburtszentrum mit „Level 1“ Betten in der Neonatologie. Als wichtiger Bestandteil des LMU-Klinikums erfüllt das Innenstadtklinikum sowohl Aufgaben der Patientenversorgung als auch der Forschung und Lehre und dient der Ausbildung von Medizinstudierenden und Hebammen. Durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Fachkliniken bietet das Innenstadtklinikum eine zentral erreichbare, qualitativ hochwertige medizinische Maximalversorgung im Herzen Münchens.
Besonders wurde darauf verwiesen, dass sich das innovative Haus bewusst gestalterisch von den umgebenden historischen Bauten abhebt. Die Fassade ist durch eine rhythmisierte Bandstruktur, werthaltigen keramischen Paneelen und geschosshohen Fenstereinschnitten geprägt, was dem Gebäude ein modernes, eigenständiges Erscheinungsbild verleiht — bei gleichzeitigem Respekt für die vorhandene denkmalgeschützte Altbausubstanz. Besondere Qualität verleihen auch die mit viel Grün gestalteten Innenhöfe, die begehbar ausgebildet, Erholungsoase und lichtspendendes Gestaltungselement gleichermaßen darstellen. Logistisch und funktional überzeugt der Bau durch kurze Wege, klare Orientierung und Verknüpfung verschiedenster klinischer Funktionen. Eine Vielzahl an unterschiedlichsten Themen regte die Teilnehmer zu interessantem Austausch und Diskussionen an. Auch der Fahrplan zur CO2 -Neutralität des LMU-Klinikums war Gegenstand der Diskussion.
Maria Thalmayr