FKT-Online-Seminar: Sanieren oder neu bauen
Die Strukturreform, verknüpft mit einer angestrebten Ambulantisierung der Gesundheitsversorgung sowie obendrein in die Jahre gekommene Gebäude zwingen aktuell viele Krankenhäuser sich neu zu erfinden. Ob die gewünschte Neuausrichtung mit einem Umbau der Bestandsimmobilie gelingen kann oder ein Neubau die letztlich geeignetere Alternative ist – eine Matrix hilft bei der Entscheidungsfindung.
„Ein Fundament ist mehr als nur Beton. Man muss nicht nur stabil bauen, sondern auch stabil planen“, betonte Fred Andree beim FKT-Online-Seminar „Sanieren oder neu bauen - eine Entscheidungsmatrix für zukunftsfähige Versorgungsstrukturen“. Anhand eines konkreten Fallbeispiels erörterte der auf Bauvorhaben im Gesundheitswesen spezialisierte Berater und Leiter der ENDERA-Gruppe eine Methodik, mit deren Hilfe die schwierige Wahl zwischen einem Neubau oder einer Sanierungsmaßnahme aus dem viel bemühten Bauchraum auf eine solide, für alle Beteiligten nachvollziehbare Ebene gehoben wird.
Die Strategie führt zum Bau
Bevor überhaupt über bauliche Maßnahmen nachgedacht werden kann, brauchen Krankenhausträger eine klare Strategie für ein zukunftsfähiges medizinisches Portfolio. Das werde stark durch Vorgaben der Länder und durch den Wunsch nach mehr ambulanten Leistungen (10 bis 15 % der bisher stationär erbrachten Eingriffe) geprägt sein. Weniger stationäre und mehr ambulante Leistungen machen Betten frei, schaffen jedoch zusätzlichen Bedarf in den klinischen Funktionsbereichen. Andree weiß aus Erfahrung: Gerade in Bezug auf ambulante Leistungen fehle vielen Krankenhäusern eine Strategie. Welche Eingriffe sollen angeboten werden? Sollen diese in Eigenregie oder durch Niedergelassene erbracht werden? Sollen dafür bestehende oder neue Funktionsbereiche wie OPs genutzt bzw. geschaffen werden, … Fragen wie diese müssen geklärt sein, bevor man über entsprechende Räumlichkeiten – egal ob in einem Neubau oder im Bestandgebäude – nachdenken kann. Basierend auf dieser Kapazitäts- und Leistungsplanung gilt es, ein Betriebsorganisationskonzept zu erstellen. Erst dann könne man in die Raum- und Funktionsplanung einsteigen, um letztendlich entscheiden zu können, ob die erforderlichen Räume in den bestehenden Immobilien wirtschaftlich und funktional umsetzbar wären, oder ob ein Neubau das angestrebte Portfolio besser bedient.
Einen Kriterienkatalog erarbeiten
Bei der Beantwortung dieser zentralen Frage spielen sehr viele Kriterien und Aspekte eine mehr oder weniger bedeutsame Rolle: Allen voran natürlich die zu erreichende medizinische Leistungsfähigkeit, direkt verbunden mit den, in Zeiten des Fachkräftemangels immer bedeutsamer werdenden, Arbeitsplatzbedingungen. Um im Wettbewerb bestehen zu können, ist zudem die Unterbringungsqualität für die Patienten und deren Sicherheit ein wichtiger Punkt. Diese medizinstrategischen Überlegungen gehen nahtlos über in organisatorische Strukturen und Prozesse: Die Einbindung der Kliniken in das bestehende Quartier, Verkehrsanbindungen, kurze Wege, effizientes Arbeiten, Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz, … Neben der Wirtschaftlichkeit, bei der es vorrangig um Investitionskosten, Betriebskosten und Finanzierbarkeit geht, werden – nicht zuletzt für die Akzeptanz in der Öffentlichkeit – ökologische Aspekte immer bedeutsamer: Graue Energie, Versiegelung, Energieverbrauch, … gerade auch die Vor- und Nachteile eines Bauvorhabens für die Umwelt müssen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. In diesem Kontext sollte als weiteres Entscheidungskriterium die bestehende Baustruktur unter die Lupe genommen werden: sowohl die baulich-funktionale als auch die konstruktive Situation. Ganz neu gilt es zudem, die Krisenfestigkeit von Krankenhausimmobilien zu betrachten. Sind Schutzräume und Bunker vorhanden oder problemlos zu schaffen? Gibt es redundante Versorgungssysteme? Ist eine flexible Nutzung von Funktionsbereichen und angrenzenden Räumen möglich?
Eine Vielzahl an Kriterien und Aspekten wie diese fließen in der von Andree vorgestellten Methodik unter Mitwirkung aller Beteiligten in eine Entscheidungsmatrix und werden hier für die finale Entscheidungsfindung gewichtet. Auf diese Weise steht am Ende ein klares Ergebnis, das die Entscheidung „Sanieren oder neu bauen“ - auch im Nachhinein – nachvollziehbar und damit unanfechtbar macht.
Ein Projektfahrplan hilft
Allen, die derzeit vor einer Neuausrichtung ihres Krankenhauses stehen, legt Andree einen Projektfahrplan ans Herz. Für die Umsetzung geplanter Baumaßnahmen sei dieser üblich, nicht jedoch für die Planung und Entscheidungsfindung im Vorfeld.
Maria Thalmayr
> FKT-Mitglieder finden hier die Aufzeichnung und die Präsentation