FKT-Online-Seminar: Nachhaltiges Bauen mit Holz
Holz, Modularität und Vorfertigung sind für Prof. Linus Hofrichter Schlüsselkomponenten einer nachhaltigen und resilienten Krankenhausarchitektur: „Um CO2-Emissionen zu vermeiden, müssen wir weniger und anders bauen. Wir müssen völlig neue Prototypen wagen, mutiger werden und alternative Erfahrungen sammeln. Früher oder später wird dann das Unnormale normal“.
Wie verantwortungsvoll gehen wir Bauschaffende mit unserer Umwelt um? Die Antwort auf diese Frage führte das Unternehmen des renommierten Krankenhausarchitekten und Geschäftsführenden Gesellschafters von a|sh sander.hofrichter architekten zu völlig neuen Lösungen, bei denen unbeirrbar dicke Bretter gebohrt werden – im Wortsinn ebenso wie im übertragenen Sinn.
Dicke Bretter bohren
Noch können wir beim Einsatz von Holz in Gesundheitsimmobilien auf wenig Erfahrung zurückgreifen, erklärte Hofrichter beim FKT-Online-Seminar „Nachhaltiges Bauen mit Holz“. Jedes Gesundheitsgebäude aus Holz müsse, die Bauaufgabe berücksichtigend, völlig neu gedacht werden. Erste Prototypen zeigen jedoch, dass Gesundheitsgebäude sowohl komplett als auch hybrid in Kombination mit – dann jedoch bedeutend weniger – Beton aus Holz errichtet werden können. Auch bei der Gestaltung von Fassaden bietet Holz – zum Beispiel als Schindel - eine ästhetische, robuste und instandhaltungsfreie Alternative.
Neben innovativen Konzepten mit klar vorgegebenen Rastern erfordert das Bauen mit Holz neue Prozesse. Vorfertigung spielt dabei eine große Rolle. „Wir arbeiten eng mit den jeweiligen Holzbauern zusammen, greifen auch auf deren Expertise im Umgang mit dem für Gesundheitsbauten noch unkonventionellen Baustoff zurück und erarbeiten gemeinsam optimale Lösungen“, sagt Hofrichter. Der Transport der vorgefertigten Komponenten müsse bei der Planung bereits mitgedacht werden. „Anders als im konventionellen Modulbau transportieren wir jedoch keine kompletten Räume, sondern zweidimensionale Bauteile und damit weit weniger Luft.“ Die Vorfertigung ermögliche nicht nur sehr viel kürzere Bauzeiten, sie vermeide Abfall in Form von Bauschutt und lege den Grundstein für ein sehr stringentes Arbeiten. Die hinlänglich bekannten Umplanungen auch noch während der Umsetzungsphase, die Baukosten im konventionellen Bauen oft unnötig in die Höhe treiben, sind im Holzbau mit seinen klaren Strukturen nur eingeschränkt möglich.
Enorme CO2-Ersparnis realisieren
Das kompensiert die geringfügig höheren Materialkosten. Fünf bis sechs Prozent höhere Ausgaben für das Bauen mit Holz sind für Hofrichter durchaus in der auch beim Beton schwankenden Range. „Berücksichtig man zusätzlich, dass jeder Kubikmeter Stahlbeton 320 kg CO2 emittiert, ein Kubikmeter verbautes Holz dagegen eine Tonne CO2 speichert, rechtfertigt das die geringen Mehrkosten allemal“, betont Hofrichter. So stoße man mit Holzbau-Konzepten bei Bauherren und Trägern in der Regel auf weit offene Türen. Etwas mühsamer gestalten sich dagegen die Genehmigungsverfahren. Behördenvertreter seien mit dem neuen Baustoff zunächst oft überfordert. Selbst die neue Holzbaurichtlinie sei da nicht immer hilfreich. Am Ende laufe es immer auf Einzelabsprachen und Sonderregelungen hinaus. Gesundheitsimmobilien, die nicht nur enorm weniger CO2 emittieren als konventionell errichtete, sondern durch den Einsatz von Holz zudem durch eine besondere Ästhetik bestechen, entschädigen die Mitarbeiter des ambitionierten Architekturbüros für diese Mühe. Die vorgestellten Projekte machten Lust auf mehr. Mehr Holz im Krankenhausbau.
Ganzheitlich denken
Nachhaltige Architektur endet für Hofrichter nicht beim Baukörper. „Wir müssen ganzheitlich denken und auch den späteren Betrieb mit im Auge haben.“ Mit Blick auf den Klimawandel spielt unter anderem das Thema Kühlung gerade auch in Gesundheitsimmobilien eine herausragende Rolle. Flächenkühlungen, viel Grün im Außen und so wenig versiegelte Flächen wie möglich, sollten, wo immer möglich, energieintensive Klimaanlagen ersetzen.
Die Grenzen kennen
Natürlich stoße man mit dem Baustoff Holz in Zweckimmobilien auch an Grenzen. Sehr hohe Gebäude sind komplett aus Holz nicht umsetzbar. Auch in hochtechnisierten Funktionsbereichen wie Intensivstationen, OPs oder Notaufnahmen mache der Einsatz von Holz wenig Sinn, räumt Hofrichter ein. Da müsse man die sprichwörtliche Kirche schon im Dorf lassen. Vielleicht werden wir hier jedoch künftig wieder auf den guten alten Ziegel zurückgreifen. Auch Lehm hat für ihn großes Potenzial.
Rückbaubarkeit mitdenken
Mit Blick auf die Krankenhausimmobilie der Zukunft verweist Hofrichter immer wieder auf die Schweiz. Die Rückbaubarkeit von Gesundheitsbauten spielt hier eine weit größere Rolle als in Deutschland, wird bereits bei der Planung mitgedacht und führt so zu entsprechend nachhaltigen Lösungen. Sehr viel weiter sei man in der Schweiz außerdem bei der Bündelung von Gewerken. Um schneller Bauen zu können kombinieren Handwerker in unserem südwestlichen Nachbarland ihre Angebote und ihre Arbeit. Das Thema Vergabe sei ein weites und großes Feld mit großem Verbesserungspotenzial räumt Hofrichter in diesem Zusammenhang ein. Er ist überzeugt: „Auch hier müssen wir neue Wege wagen“, und gibt damit ein spannendes Thema für ein kommendes FKT-Webinar vor.
Maria Thalmayr
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Die Präsentation erhalten Sie auch bei der FKT-Geschäftsstelle: fkt(at)fkt(dot)de