DIN EN 15224 – Qualität darf nicht Ansichtssache bleiben

Mit der DIN EN 15224 wird ein nur vermeintlich europaweit einheitliches Qualitäts-Management vorgegeben. Zu sehr bleiben Zertifizierungsmaßnahmen Ansichtssache und: Die Technik fehlt komplett. Ein Antrag auf Erweiterung und Anpassung der Norm soll das ändern.

Bei der Anwendung der DIN EN 15224 für das Qualitätsmanagement im Gesundheitswesen stellte Silke Steinwedel, Inhaberin eines gleichnamigen Sachverständigenbüros fest, „dass in der Norm betriebssicherheitsrelevante und für die Patientensicherheit notwendige Punkte fehlen“. Um eine Vergleichbarkeit der Qualitätsstandards der Kliniken innerhalb Deutschlands und auch europaweit zu erreichen, müsse die Norm – vor allem geht es hier um technische Standards als Grundlage für einen sicheren Klinikbetrieb - ergänzt und die zu prüfenden Qualitätsmerkmale sehr viel deutlicher konkretisiert werden. Andernfalls verbleibe zu Vieles im Ermessensspielraum von Auditoren und im internationalen Vergleich zudem abhängig von nachgeordneten nationalen Vorgaben und Gepflogenheiten. Die Patientensicherheit zum Beispiel werde in den europäischen Partnerländern sehr unterschiedlich bewertet, erläutert Steinwedel. Gleiches gelte für die Medizin- und Betriebstechnik sowie ganz besonders für die Patientenversorgung. Dafür notwendige technische Maßnahmen in allen betriebsrelevanten Bereichen dürften nicht vernachlässigt werden, auch wenn diese von den Patienten nicht in Gänze wahrgenommen werden.

15 statt 11 Qualitätsmerkmale

Steinwedel hat daher einen Antrag auf „Erweiterung und Anpassung der DIN EN 15224 auf insgesamt 15 Qualitätsmerkmale“ gestellt – bisher sind es 11. Als zusätzliche Module einer schlüssigen Qualitätsbewertung sollten folgende Betrachtungsschwerpunkte Eingang in die Norm finden:

  • Modul 12: Technische Voraussetzungen (Genehmigungsverfahren Baurecht, Zulässigkeit der Betriebsstätte, Trinkwasserhygiene, Brandschutz, Betriebs- und Anlagensicherheit, Medizinproduktesicherheit, Nachhaltigkeit)
  • Modul 13: Datenverkehr (IT-Sicherheit, Datensicherheit, Datenverarbeitung)
  • Modul 14: Fachspezifische Personalstrukturen und Ausbildungsstandards (Arbeitsschutz, Hygiene, Nachhaltigkeit)
  • Modul 15: Betriebliche, organisatorische, personelle Beauftragte und Funktionen.

Dieser Antrag wird nun im zuständigen Arbeitsausschuss NA 176-01-01 AA „Gesundheitstechnologien“ im Deutschen Institut für Normung (DIN) diskutiert.

Technik ist qualitätsrelevant

Thomas Steinwedel, Ehemann von Silke Steinwedel, Technischer Leiter im Fliedner Krankenhaus Ratingen und langjähriges FKT-Mitglied, sieht in diesem Vorstoß eine Aufwertung der Technik in allen Bereichen. „Wenn durch die Aufnahme technischer Qualitätsmerkmale in die DIN EN 15224 deutlich wird, dass die Güte einer Klinik nicht zuletzt von deren technischer Perfomance abhängt, kann man Letztere nicht mehr so leicht als unwichtig abtun. Entsprechende Investitionsmittel müssten dann im Rahmen des Qualitätsmanagements bereitgestellt werden. Denn: Der Dienstleistungsvertrag mit dem Patienten und mehr noch der erwartete Behandlungserfolg könnten auch durch einen defekten Aufzug, kontaminiertes Trinkwasser oder eine nicht funktionierende Alarmweiterleitung erheblich beeinträchtig werden“, führt Silke Steinwedel weiter aus. Diese Risiken alle unter dem Qualitätsmerkmal der Patientensicherheit zu subsumieren, mache die Umsetzung der DIN EN 15224 zu sehr davon abhängig, wie die jeweilige Klinik das Thema Patientensicherheit betrachtet.

Das Ergebnis dieses engagierten Vorstoßes auf Erweiterung und Anpassung der Norm 15224 bleibt gespannt abzuwarten. Die FKT unterstützt diesen Antrag ausdrücklich. > Hier geht es zum Antrag

Maria Thalmayr

Die bisherigen Qualitätsmerkmale der DIN EN 15224 sind:

  1. Angemessene, richtige Versorgung: Der Patient wird untersucht und bezüglich des gesundheitlichen Zustands mit keinen/geringfügigen Komplikationen oder Nebenwirkungen entsprechend behandelt.
  2. Verfügbarkeit: Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung sind für den Patienten erreichbar und möglich.
  3. Kontinuität der Versorgung: Es besteht eine nahtlose Kette von Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung für den Patienten von der Überweisung zur Versorgung, Behandlung, Rehabilitation und Nachsorge.
  4. Wirksamkeit: Tätigkeiten der Gesundheitsversorgung führen in relativ kurzer Zeit zu einem erwartet positiven Ergebnis für den Patienten.
  5. Effizienz: Das für den Patienten erwartete Ergebnis wird unter Einsatz eines Minimums an Ressourcen erzielt.
  6. Gleichheit: Für Patienten mit gleichartigen Erfordernissen wird die gleiche Versorgung erbracht.
  7. Evidenzbasierte, wissensbasierte Versorgung: Untersuchungen und Behandlungen beruhen auf wissenschaftlich fundierten Tatsachen und/oder Erfahrungen auf der Basis von Wissen und bester Praxis.
  8. Auf den Patienten, einschließlich der körperlichen und geistigen Unversehrtheit ausgerichtete Versorgung: Die Gesundheitsversorgung ist auf die Sichtweise des Patienten konzentriert und erfolgt stets mit dem Einverständnis des Patienten und mit Blick auf dessen körperliche und psychologische Unversehrtheit.
  9. Einbeziehung des Patienten: Der Patient wird in Kenntnis gesetzt, befragt und nach Möglichkeit in alle an ihm geplanten und durchgeführten Behandlungen aktiv einbezogen.
  10. Patientensicherheit: Mögliche Risiken bei der Gesundheitsversorgung werden berücksichtigt, allen beim Patienten vermeidbaren Schäden wird vorgebeugt.
  11. Rechtzeitigkeit und Zugänglichkeit: Der Patient kann die Dienstleistungen der Gesundheitsversorgung ohne unzumutbare Wartezeiten in Anspruch nehmen.