FKT-Online-Seminar: Sicherer Betrieb von Hubschrauberlandestellen

Abgebrannte Wunderkerzen, die durch die Verwirbelungen der Rotorblätter zu Projektilen werden, zentimeterdicke Eisplatten, die vom Dach gefegt enormen Schaden anrichten können, … Hubschrauberlandestellenbeauftragte sollen Situationen wie diese zuverlässig vermeiden.

Was Maria Klampfl, Pilotin bei der ADAC Luftrettung, beim FKT-Online-Seminar „Hubschrauberlandeplätze sicher betreiben – der Hubschrauberlandestellenbeauftragte“ aus ihrem Alltag berichtet, verdeutlicht sehr plastisch: Die Ladung eines Helikopters – egal ob auf einem Genehmigten Landeplatz (GLP), einer Landesstelle im öffentlichen Interesse (Public Interest Site, kurz PIS) oder einer sonstigen Landesstelle (SLS) direkt am Unfallort – ist immer weit weniger harmlos, als der faszinierte, aber unbedarfte Betrachter annimmt. Der Rotorabwind macht im Umfeld der Landesstelle herumliegende Gegenstände oder auch Aufbauten zu gefährlichen Geschoßen und damit zur Gefahr für den Hubschrauber selbst, mehr noch für seine Crew und Menschen im Umfeld der Landestelle.

Gefährliche Unbedarftheit

Fassungslos macht, dass die fliegenden Retter diesen Risiken nicht nur an sogenannten sonstigen Landestellen am Unfallort begegnen, wo sie schlicht nicht mit einer Absicherung rechnen können. Vielfältige Gefahren lauern auch auf Genehmigten Landeplätzen oder Public Interest Sites an der Schnittstelle zwischen Luftrettung im Krankenhaus: Da bleiben nach einer spontanen Silvesterparty auf dem Dach-Hubschrauberlandeplatz schon mal die Stäbchen von Wunderkerzen liegen. Ein, ohne groß nachzudenken, anberaumtes Sommerfest mit Pavillons und weiteren umfassenden Aufbauten in einem Klinik-Innenhof unter dem Landedeck wird vom Hubschrauber „abgeräumt“, zum Glück kommt keine Person zu Schaden. Zentimeterdicke Eisplatten fliegen der Hubschrauber-Crew um die Ohren und vom Dach auf den Gehweg vor der Klinik, aufgewirbelter Schnee raubt den Piloten jegliche Sicht und führt zu gefährlicher Desorientierung, Passanten lösen den Notabwurf der Hubschraubertüren aus und stehlen Betäubungsmittel aus dem Heli oder öffnen kurz vor Abflug die Hecktüre und springen in den schon startenden Hubschrauber. Dass Luftretter im Anflug auf Landestellen, die eigentlich sicher sein sollten, Situationen wie diese erleben, macht mehr als nachvollziehbar, warum sie sich in den Kliniken einen Kümmerer für ihre Landestellen wünschen, eine kompetente Person, die ihnen ein sicheres Landen und Starten ermöglicht und damit die Risiken nicht nur für sich und ihre Patienten, sondern auch für die Mitarbeitenden und Patienten in den Kliniken, für Passanten, Handwerker und andere Menschen im Umfeld der Landestelle minimiert.

Verkehrssicherungspflicht wahrnehmen

Rechtliche Grundlage für diesen Wunsch sind die Verkehrssicherungspflicht, die Garantenstellung aus Gefahrenquellenverantwortlichkeit und im Fall von Genehmigten Landeplätzen die Pflichten aus der Genehmigung zu Anlage und Betrieb bzw. bei Public Interest Sites die Pflichten aus Anlage 3 zu § 18 Abs. 4 der Luftverkehrsordnung. Zur Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht sollten die Landestellenbetreiber eine Sachkundige Person vorhalten, die einen sicheren Betrieb der Landestellen gewährleistet, erörtert Matthias Schwierz, zuständig für die Bereiche Regulations und Policy des Flugbetriebs der ADAC Luftrettung. Er steuerte den ganz beträchtlichen juristischen Part zum Webinar bei.

Die Landestelle vor Flugbetriebsaufnahme auf Fremdgegenstände hin abzusuchen – Stichwort Wunderkerze – gehört mit zu den wichtigsten Vorkehrungen zur Gefahrenabwehr auf der Landestelle. Lose Gegenstände wie zum Beispiel Bauzäune, Planen oder herumliegender Bauschutt müssen gesichert und Bauarbeiter, die damit hantieren auf die Gefahr durch nahende Hubschrauber hingewiesen werden. Auch Jalousien, Markisen, verschiebbare Elemente für die Verschattung sowie sogar Fassadenteile können sich durch die Verwirbelungen der Rotoren lösen und durch die Luft geschleudert werden, im schlimmsten Fall den Hubschrauber zum Absturz bringen oder Passanten verletzen. Die zuständigen Luftrettungsunternehmen sollten deshalb in die Planung derartiger Elemente im Umfeld von Hubschrauberlandeplätzen unbedingt mit einbezogen werden. Dasselbe gilt für den Einsatz von Vogelabwehrsystemen. Bird Strikes sind eine große Gefahr für die Piloten. Bei der Vermeidung dieses Risikos sollte jedoch darauf geachtet werde, dass kein Blendeffekt durch Lichtblitze entsteht. Entsprechende Vorkehrkehrungen sollten daher immer in Rücksprache mit den Flugrettern getroffen werden. Das Stichwort Vögel führt Klampfl zu einer weiteren Verkehrssicherungspflicht: Die Einhaltung von Hygienestandards. Vogelkot oder die Überreste verendeter Vögel müssen zuverlässig von der Landestelle entfernt werden. Eine weitere wichtige Verkehrssicherungspflicht ist der Winterdienst. Der sollte nicht mir Streusalz, sondern mit Streumittel auf Urea-Basis erfolgen, da das Salz die Hubschrauber schädigt, so Schwierz.

Fluchtwege müssen deutlich markiert und frei sein. Es müssen ausreichend Feuerlösch- und Rettungsmittel bereitgestellt und eine Eingreifzeit von weniger als zwei Minuten gewährleistet sein. Ferner muss sichergestellt sein, das rechtzeitig vor und während des Flugbetriebs eine sachkundige Person anwesend ist, welche die Löschmittel bedienen und die Rettung einleiten kann und Passanten im Umfeld der Landestellen für die Risiken durch den landenden Hubschrauber sensibilisiert bzw. den Zutritt durch Unbefugte während der Nutzung verhindert. Nahegelegene Wege müssen während der Nutzung gesperrt werden. Parkplätze sollten mindestens 50 Meter von der Landestelle entfernt sein. Für die dort abgestellten Fahrzeuge und ihre Insassen werde nicht nur aufgewirbelte Steine zur Gefahr. Autotüren, die durch die Abwinde heftig zuschlagen, können zu Quetschverletzungen führen. Ein Drohnenbetrieb im Umfeld der Landestelle sollte untersagt oder zumindest deren erlaubte Flughöhe begrenzt werden. Kräne müssen angemeldet werden (für GLP bei der zuständigen Luftfahrtbehörde und für PIS beim regional zuständigen Luftrettungsunternehmen), eine Lichterkette im Ausleger erhöht die Sichtbarkeit für die Flugretter im Nachflugbetrieb deutlich, sagt Klampfl.

Wenn eine Landestelle nicht betriebsbereit ist, muss diese abgemeldet werden. Die Abmeldung muss nicht nur bei der Leitstelle erfolgen, sondern für GLP ebenfalls bei der Luftfahrbehörde und bei PIS beim zuständige Luftrettungsunternehmen.

Schlüsselposition: Die Sachkundige Person

Der viel zitierten Sachkundigen Person kommt nicht nur bei der prophylaktischen Gefahrenabwehr eine Schlüsselposition zu. Ihre Hauptaufgabe besteht vielmehr darin, im Ernstfall Leben zu retten, zum Beispiel eingeklemmte und bewusstlose Hubschrauberbesatzungsmitglieder aus dem Hubschrauber zu befreien, Brände zu bekämpfen und weitere Rettungskräfte zu alarmieren. Dazu muss die Sachkundige Person mit einer geeigneten Schutzausrüstung (Feuerwehr-Schutzhandschuhe, -Schutzhelm, -Schutzjacke), Löschmitteln und Rettungsmitteln (Axt, Blechschere, …) ausgerüstet sein und diese auch anwenden können. Wichtig, aber leider nicht selbstverständlich ist auch ein Telefon für die Alarmierung weiterer Rettungskräfte. Die Sachkundige Person muss als Ersthelfer qualifiziert sein und sollte auch mit dem Hubschrauber soweit vertraut sein, dass sie die Notöffnung der Türen betätigen und Gurte lösen kann. Übungen mit der örtlichen Feuerwehr sind einmal im Jahr Pflicht.

Haftungsrisiken rechtssicher delegieren

Für die mit ihren Landestellen einhergehenden Risiken haften strafrechtlich zunächst die Mitglieder der Geschäftsführung des Betreibers, also des Krankenhauses, und zwar persönlich. Viele Pflichten sind allerdings delegierbar. Die Aufsichts- und Organisationspflichten müssen aber immer auch von den Führungskräften erfüllt werden. Die rechtswirksame Pflichtenübertragung erfordert unter anderem:

  1. Rechts‐ und Pflichtenverzeichnis

  2. Definition der Funktionen und Rollen

  3. Beweiskräftige Übertragung (Delegationsschreiben)

  4. Einweisung und Schulung des Landestellenbeauftragten sowie der Sachkundigen Person(en)

  5. Bestimmen der Überwachungsdichte und ‐tiefe.

  6. Aktualisierung des Rechts‐ und Pflichtenverzeichnisses

  7. Anweisende Dokumentation

  8. Nachweisende Dokumentation

  9. Wirksamkeitskontrolle

Um die umfassenden Verkehrssicherungspflichten im Zusammenhang mit Hubschrauberlandeplätzen, die in diesem Text nur auszugsweise beschrieben werden können, zuverlässig wahrnehmen zu können, empfiehlt die ADAC Luftrettung die Qualifikation und Ernennung eines Hubschrauberlandestellenbeauftragten.

Viele weitere hilfreiche Informationen zum sicheren Betrieb von Hubschrauberlandeplätzen finden Sie hier.

Maria Thalmayr

Bild: Copyright ADAC Luftrettung / MedizinFotoKöln / Uniklinik Köln

ADAC und FKT starten eine Seminar-Reihe zum Hubschrauberlandestellenbeauftragten

Mit einem neuen Fortbildungsangebot möchte die ADAC HEMS Academy, Fortbildungsbetrieb der ADAC Luftrettung, unterstützt von der Fachvereinigung Krankenhaustechnik e.V. (FKT) Risiken an der Schnittstelle zwischen Luftrettung und Krankenhaus minimieren und die Abläufe rund um die oft in Lebensgefahr schwebenden Patienten optimieren. Die Seminarreihe für die Qualifikation von Hubschrauberlandestellenbeauftragten startet am 6. Dezember. Mehr dazu hier und www.hemsacademy.adac.de/kurstermine-und-anmeldung.

Die Präsentation zum Webinar kann bei Matthias Schwierz angefordert werden.